Die nachträgliche Befristung von Unterhalt kann ausgeschlossen sein, wenn die rechtzeitige Geltendmachung versäumt wurde.
Wurde in einem Unterhaltsvergleich eine spätere Befristung des Unterhaltes vorbehalten, diese Befristung jedoch in einem späteren Abänderungsverfahren – welches nach der Veröffentlichung des Senatsurteils vom 12.4.2006 , XII ZR 249 / 03 entschieden wurde – nicht geltend gemacht, obwohl die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Befristung vorlagen, so ergibt sich weder aus der späteren BGH-Rechtsprechung noch aus dem Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechtes am 01.01.2008 eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse (vgl. BGH XII ZR 147/10, FamRZ 2012, 1284-1287).
Eine Abänderung des Unterhaltes zugunsten des Unterhaltsschuldners ist deshalb aus diesem Grund (Änderung der Rechtsprechung) nicht mehr möglich.
Eheleute hatten im Jahr 2005 in einem gerichtlichen Vergleich einen nachehelichen Unterhalt von monatlich 569 € vereinbart. Sie hatten weiterhin übereinstimmend festgestellt, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine Befristung des Unterhaltes gegenwärtig (noch) nicht vorliegen. Sollten die Voraussetzungen sich später ergeben, sollte der Ehemann eine Befristung des Unterhaltsanspruches dann geltend machen dürfen.
Auf eine erste Abänderungsklage des Ehemannes änderte das Familiengericht die Unterhaltspflicht durch Urteil vom 15. Mai 2007 ab. Der Unterhaltsanspruch wurde auf 466 € monatlich herabgesetzt. Eine Befristung des Unterhaltes wurde in diesem Verfahren aber weder vom Ehemann geltend gemacht, noch wurde die Möglichkeit dazu vom Familiengericht geprüft.
Im März 2009 erhob der Ehemann eine zweite Abänderungsklage und begehrte jetzt die zeitliche Befristung des Unterhalts. Er berief sich auf das am 01.01.2008 in Kraft getreten Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 21.12. 2008 (BGBl I 3189). Das Familiengericht und auch das Oberlandesgericht Stuttgart gaben ihm Recht und befristeten den Unterhalt der Ehefrau bis zum 31. August 2009.
Dagegen legte die Ehefrau Revision zum Bundesgerichtshof ein. Der BGH hob das Urteil des OLG Stutgart auf.
Der 12. Senat des BGH bestätigt seine bisherige Rechtsprechung. Bereits mit seinem Urteil vom 12.4.2006 habe er die entscheidende Änderung im Unterhaltsrecht herbeigeführt. Danach hänge die Dauer eines Unterhaltsanspruches in erster Linie davon ab, ob die Ehefrau durch die Kindererziehung und die Gestaltung des ehelichen Lebens Nachteile in der beruflichen Karriere erlitten habe, die bloße Dauer der Ehe sei kein Kriterium.
Das zum 1.1.2008 in Kraft getretene Gesetz sei lediglich eine gesetzliche Ausformung und Fixierung der durch den BGH bereits geänderten Rechtslage. Bereits ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Urteils in der Fachpresse (das war am 15. Juli 2006) hätte der Ehemann den Einwand der Befristung mit Erfolg erheben können. Das OLG Stuttgart irre, wenn es meine, bis zu dem im Mai 2007 veröffentlichten Urteil des Senats vom 28. Februar 2007 (XII. ZR 161/04) in FamRZ 2007, 707 finde sich keine obergerichtliche Entscheidung, in der eine Befristung des Unterhaltes bei einer Ehe mit Kindern ausgesprochen worden sei und es sei daher für den Rechtsuchenden und die Gerichte nicht hinreichend klar gewesen, dass sich das Recht geändert habe.
Die Rechtsprechung des zwölften Senates ist konsequent, wenn auch für eine große Zahl von Männern fatal, weil sie durch Fehler in der Prozessführung von ihren Unterhaltsverpflichtungen nicht befreit werden können, obwohl die materiell-rechtlichen Voraussetzungen an sich vorliegen.
Tatsächlich ist die Änderung der Rechtsprechung im Jahr 2006 von vielen Anwälten und von nahezu allen Gerichten in ihrer Bedeutung nicht wahrgenommen worden.
Hätte der Ehemann kein erstes Abänderungsverfahren durchgeführt, dann könnte er den Vergleich jetzt ohne weiteres „auf Null“ abändern. Das hatte ihm seine Ehefrau in dem ursprünglichen Vergleich ja sogar ausdrücklich zugebilligt. Sie macht sich jetzt den Fehler des Gerichtes aus dem Jahr 2007 zu Nutze und erhält – entgegen dem ursprünglich Vereinbarten – nunmehr einen lebenslänglichen Unterhaltsanspruch.
Die Begründung des BGH zur Frage der Berücksichtigung von Kindern überzeugt nicht.
Nach altem Recht bestand in der Regel eine Unterhaltsverpflichtung, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut. In dem neuen § 1578b BGB steht davon nichts.
Der 12. Senat behauptet nun, auch diese Neufassung enthalte nichts Neues. Die Kinderbetreuung hätte einer Befristung und Herabsetzung des Unterhaltes auch nach altem Recht nicht generell entgegengestanden, sondern nur in Abhängigkeit von der Dauer. Das stimmt den Buchstaben des Gesetzes nach, tatsächlich war die Rechtsprechung der Amtsgerichte jedoch eine gänzlich andere.
Übrigens muss der Einwand der Befristung auch erhoben werden, wenn etwa die Ehefrau eine Erhöhung des Unterhaltes verlangt. Sinn der Präklusionsvorschrift des § 323 Abs. 2 ZPO alte Fassung, jetzt § 238 Abs. 1 Satz 2 FamFG ist es, in einem streitigen Unterhaltssachverhalt zum Entscheidungszeitpunkt jeweils sämtliche Fragen abschließend zu regeln. So soll vermieden werden, dass wegen jeder tatsächlichen und rechtlichen Änderung, die einem Beteiligten später auffällt, nacheinander immer wieder Verfahren geführt werden.
Der BGH weist am Rande noch einmal darauf hin, dass die Familiengerichte die Frage der Befristung von Amts wegen zu prüfen haben und auch in ihrer Entscheidung nicht offen lassen dürfen. Das ist den meisten erstinstanzlichen Gerichten nicht bewusst gewesen.
Wie weit der Senat sich von der Rechtswirklichkeit abhebt, sieht man auch daran, dass er an anderer Stelle behauptet, schon vor der Rechtsprechungsänderung sei selbst bei der Betreuung von minderjährigen Kindern und einer Ehezeit von neuneinhalb Jahren eine Befristung in Frage gekommen. Tatsächlich dürfte dies die absolute Ausnahme sein, mir ist kein solcher Fall bekannt.
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